Der US-Markt ist riesig, der größte Onlinemarkt der Welt. Viele Onlinehändler, die in Europa gestartet sind, planen auch in den USA zu verkaufen. Der Markteintritt ist gänzlich einfach: Ein Klick und die Welt gehört dir und schon startetest Du mit Fulfillment by Amazon in den USA. Zumindest technisch. Steuerlich ist das Thema Amazon USA, also der Verkauf über Amazon.com allerdings deutlich komplexer. Wenn Du als deutscher Onlinehändler den Schritt wagst, über Amazon USA zu verkaufen, solltest Du Dich unbedingt vorher genau informieren.
In diesem Beitrag gebe ich Dir einen Überblick über die wichtigsten steuerlichen Aspekte beim Verkauf über Amazon.com in den USA – mit Fokus auf Umsatzsteuer (Sales Tax), Einkommensbesteuerung, Betriebsstättenrisiken und Compliance-Anforderungen. Auch bekommst Du Einblicke, warum es einige in den USA schaffen und viele andere scheitern. Die von unseren Mandanten häufig gestellte Fragen zur Umsatzsteuer und Co haben wir hier berücksichtigt.
Wenn Du FBA (Fulfillment by Amazon) nutzt, übernimmt Amazon Lagerung, Versand und Retourenmanagement für Dich. In den USA bedeutet das, dass Deine Waren physisch in Amazon-Lagern auf US-amerikanischem Boden liegen. Im Endeffekt macht es vom technischen Ablauf her kaum einen Unterschied, ob Du in den USA verkaufst oder in Europa. Aber das "wie" spielt eine entscheidende Rolle.
Als Test kann man gut zunächst aus Europa heraus den Marktplatz Amazon USA testen. Dabei gibt es aber verschiedene Vorteile und Nachteile.
Ein großer Vorteil ist: Man muss sich nicht mit etwaigen Steuerthemen in den USA auseinandersetzen. Aus europäischer Sicht handelt es sich um eine steuerfreie Ausfuhr in die USA. Hier müsst Ihr dann nur die europäischen Rechnungslegungsvorschriften beachten. Vergesst bitte nicht: Ihr müsst auch die Gelangensbestätigung bzw. das Sendungsverfolgungsprotokoll archivieren.
Problematisch werden nur Sendungen über 800 US-Dollar, da ab diesem Wert Zölle anfallen. Aber das Thema Zoll beschäftigt und weiter unten noch weiter.
Ein Nachteil wäre jedoch beim Verkauf aus Europa heraus die längeren Lieferzeiten, die wiederum viele potentielle Käufer abschrecken. Es wird also für diesen Versandt keine Amazon Prime angeboten, was natürlich logisch ist, da eine schnelle Lieferung so nicht erfolgen kann. Zwar kann man den kostenlosen Versand für die Käufer anbieten, jedoch sind die für den Versand anfallende Kosten unbedingt mit zu kalkulieren.
Wenn Ihr die Lagerung in den USA beabsichtigt, solltet Ihr ganz klein damit beginnen. Es sollte ein Produkt sein, was klein und leicht zu versenden ist. Damit Du eine Vorstellung bekommst, was ich meine:
Schnürsenkel eigenen sich perfekt. Sie sind klein und leicht.
Aber warum sollte man so starten? Wie beim Start in Europa fängt man klein an. Und es ist viel einfacher, ein kleines Produkt nach Amerika zu versenden. Am Beispiel der Schnürsenkel kann man das wieder verdeutlichen: Ein kleines Paket mit geringem Wert und vielen leichten Produkten.
Damit bestehen die folgenden positive Faktoren
So könnt Ihr erstmal einige Artikel pro Monat verkaufen und alles ausprobieren. In den USA ist alles größer. Der Markt, das Potential aber auch die Kosten. Ein bestehendes oder neues Produkt bei Amazon USA zu starten ist immer eine Herausforderung, obwohl es Fulfillment by Amazon und dabei die Nutzung von Amazon Prime es wirklich attraktiv macht.
Viele unserer Mandanten haben den Start in den USA gewagt. Darunter auch namenhafte Marken. Teilweise haben unsere Mandaten bei hunderttausende Euros bzw. US-Dollar verbrannt. Auch haben Händler den Start in den USA nicht überlebt. Aber woran lag es?
Zu viel und zu schnell: Die Händler sind nicht wie oben aufgezeigt, klein gestartet. Sondern sie sind mit vielen verschiedenen Produkten gestartet. Zwar hatten Sie einen professionellen Verkaufsplan, aber die Anlaufkosten wurden komplett unterschätzt. Die anfallenden Kosten sind in den USA um ein vielfaches höher. Sei es bei den Lagergebühren, den Verkaufsgebühren oder Amazon Advertising. Die Daten im Seller Central wird dann leider nicht, oder nicht sorgfältig ausgewertet.
Einzelne Produkte haben funktioniert, aber anders wie in Europa bestand bei den Händlern noch kein Branding und kein Standing und damit keinen organischen Traffic.
Insbesondere das Thema mit dem organischen Traffic wird häufig unterschätzt, da es sich wesentlich auf den Algorithmus auswirkt.
Und viele Produkte verursachen viele Kosten. Wenn die Artikel nicht abverkauft werden, so sind die Lagerkosten so hoch, dass man schnell in der Verlustzone ist.
Und über die Dauer erhöht man mit jedem verkauftem Artikel den Verlust. Aber immerhin generiert man dann Cashflow. Es ist also abhängig von vielen verschiedenen Faktoren.
Ein weiteres Problem ist, wenn der Verkauf nicht wie gewünscht klappt: Was kann ich dann machen? Wenig. Natürlich kann man die Waren remissionieren und nach Europa zurückbringen lassen. Aber auch das verursacht hohe Kosten. Und was macht man dann mit der Ware in Europa? Die Labels sind auf Amazon USA ausgestellt, also müsste man alles umlabeln.
Deswegen: Lieber ganz klein Starten, als ob Du mit einem neues Unternehmen ein neues Produkt startest. Mit professionellen Verkaufsplan und vollständiger Kalkulation alles Kosten.
Ein ganz zentraler Punkt sind die Zölle. Wenn Waren aus Europa oder aus Asien in die USA verschickt werden, so kommt es je nach Produkt zur Festsetzung von Zöllen. Diese sind natürlich auch in der Kalkulation zu berücksichtigen.
Vor allem im internationalen Bereich muss man immer wieder schauen, wie der günstigste Warenweg ist. Wann fallen wo Zölle an? Gibt es Alternativen?
In den USA gibt es keine einheitliche landesweite Umsatzsteuer wie in Deutschland, sondern ein komplexes System von Sales Taxes, die von den einzelnen Bundesstaaten, Countys und Städten erhoben werden.
In fast allen Bundesstaaten übernimmt Amazon die Steuerzahlungen für Dich, aber grundsätzlich gilt:
Seit dem Supreme-Court-Urteil South Dakota vs. Wayfair (2018) reicht oft schon ein gewisser Umsatz oder eine bestimmte Anzahl an Transaktionen aus, um in einem Bundesstaat steuerpflichtig zu werden.
$100.000 Umsatz oder 200 Transaktionen pro Jahr in einem Bundesstaat Amazon stellt Dir in der Regel Daten zur Verfügung, mit denen Du erkennen kannst, in welchen Staaten Du diese Schwellen überschreitest.
Durch die Lagerung in einem Amazon-Lager in einem US-Bundesstaat entsteht ein sogenannter physical nexus, also eine physische Verbindung zum Staat – und damit ebenfalls eine Sales-Tax-Pflicht.
Wenn Amazon Deine Produkte in einem Lager in Texas aufbewahrt, hast Du in Texas einen physical nexus – unabhängig davon, ob Du dort Umsätze generierst.
Wenn Du in einem Bundesstaat lagerst oder verkaufst beachte bitte:
Ein weiteres Thema ist die Ertragsteuer, insbesondere die Frage, ob durch Deine Tätigkeit in den USA eine Betriebsstätte im Sinne des DBA Deutschland–USA entsteht.
Grundsätzlich entsteht eine Betriebsstätte, wenn Du:
eine feste Geschäftseinrichtung hast (z. B. Lager, Büro), oder durch eine abhängige Person (z. B. Mitarbeiter oder Vertreter) regelmäßig in den USA tätig bist.
Die reine Lagerung durch Amazon FBA reicht nach deutschem Steuerrecht oft nicht aus, um eine Betriebsstätte zu begründen – aber Vorsicht: Die US-Steuerbehörden sehen das möglicherweise strenger. Vor allem in einzelnen Bundesstaaten sehen sich nicht in der Verantwortung, das Doppelbesteuerungsabkommen zu beachten.
Hinweis: Entsteht eine Betriebsstätte, wirst Du in den USA einkommensteuerpflichtig – inklusive möglicher Registrierung, Steuererklärungspflicht und der Gefahr von Doppelbesteuerung.
Zwischen Deutschland und den USA besteht ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA), das regelt, in welchem Land welche Einkünfte besteuert werden. Ohne US-Betriebsstätte erfolgt die Besteuerung in der Regel in Deutschland – aber:
Du solltest prüfen (lassen), ob Dein Gewinnanteil aus US-Verkäufen möglicherweise doch teilweise in den USA zu versteuern ist.
US-Steuererklärungen (Federal Income Tax Return, ggf. State Income Tax) können auch ohne Betriebsstätte notwendig sein, z. B. bei bestimmten Gesellschaftsformen wie LLCs.
Viele Händler gründen eine US-Gesellschaft (z. B. LLC oder Inc.), um ihren US-Marktauftritt rechtlich und steuerlich zu optimieren.
Achtung: Die Wahl der Rechtsform hat erhebliche steuerliche Auswirkungen – sowohl in den USA als auch in Deutschland. Hier sind sehr viele Faktoren zu beachten. Daher: Unbedingt das Thema Gründung einer Gesellschaft in den USA mit Fachleuten besprechen. Sonst geht das in die Hose und wird steuerlich richtig teuer!
Eine LLC mit deutscher Gesellschafterstruktur wird steuerlich in Deutschland oft als Personengesellschaft behandelt – das kann zu einer doppelten Besteuerung führen, wenn die Einkünfte nicht korrekt zugerechnet werden.
Und: Hat die Gesellschaft in den USA keine "Substanz", wird der deutsche Gesetzgeber die vollständige Besteuerung in Deutschland einfordern.
Substanz bedeutet: Es sollten Räumlichkeiten angemietet sein, Inventar bestehen und es sollte der Geschäftsführer in den USA sein. Ist der der Geschäftsführer in Deutschland, so ist der Ort der Besteuerung direkt in Deutschland: Ort der Geschäftsführung gilt als Betriebsstätte.
Achte darauf: Gründest Du eine Gesellschaft in den USA, so hast du das dem deutschen Finanzamt umgehend mitzuteilen. Ansonsten drohen hier auch Bußgelder.
Beachte die folgenden Punkte, damit Du nicht unnötig Geld verbrennst.
Erstelle eine Übersicht, in welchen Bundesstaaten Du tätig bist und ob Du dort registrierungs- oder erklärungspflichtig bist.
Amazon bietet über das Seller Central Berichte, mit denen Du Nexus-Situationen und Umsätze nach Bundesstaat analysieren kannst.
Die steuerliche Komplexität beim US-Verkauf über Amazon ist hoch. Arbeite mit einem Steuerberater mit E-Commerce-Erfahrung und internationalen Kenntnissen zusammen – idealerweise mit Netzwerk in die USA.
Falsche oder fehlende Registrierungen können zu Bußgeldern, Nachzahlungen und Sperrungen auf Amazon führen.
Brauchst Du eine Empfehlung für steuerliche Beratung in den USA? Dann sprich uns gerne an.
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